– Letzte Bearbeitung: 09.09.2024, 20:01:14, Bernd Kick –
Ludwig Storch
Thüringischer Dichter und Schriftsteller, Demokrat, 1848er
Bernhard Ludwig Storch wurde am 14. April 1803 im heutigen Haus Nr. 29 in der Köhlergasse geboren.
Sein Vater, der Ruhlaer Arzt Johann Gottlieb Storch, nebenbei ein begeisterter und erfolgreicher Nelkenzüchter, war da schon 68 Jahre alt. Des Dichters Storch-Vorfahren, zum Teil aus Ruhla stammend, waren auch Ärzte und Schriftsteller in Gotha, Eisenach und Waltershausen gewesen. Ludwig Storchs Mutter, Henriette Johannette, zweite Ehefrau des Vaters und 35 Jahre jünger als dieser, war eine geborene Gotter und entstammte der gleichen Familie wie der zeitweilige Besitzer von Schloss Molsdorf und Minister Friedrichs II. von Preußen, Adolf Graf von Gotter und der Dichter Friedrich Wilhelm Gotter, Jugendfreund Goethes. Ihr Vater war der in Ruhla zur Unterstützung der Entwicklung des Tabakpfeifengewerbes eingesetzte herzogliche Manufakturkommissar Johann Friedrich Gotter.
Nach dem Tod des Vaters (1810) heiratete die Mutter 1812 den 14 Jahre jüngeren, weitgehend gefühls- und erfolglosen Tabakpfeifen-Beschläger Johann Georg Christian Schreiber, in dessen Werkstatt der junge Ludwig schon ab seinem neunten Lebensjahr tüchtig mitarbeiten musste. Auch im Kramhandel der Mutter hatte er zu helfen und u.a. wie ein Marketender Bier und Branntwein auf Rastplätzen und Tanzsälen zu verkaufen. Das Füttern und Betreuen des Viehs gehörten ebenfalls zu seinen Aufgaben. Nach der Völkerschlacht 1813/14 in Eisenach lagernde kranke Franzosen musste er wochenlang, von Ruhla aus zu Fuß unterwegs, mit Suppe versorgen. Unter zeitweiligen Anflügen von Geistesgestörtheit der Mutter hatte er zu leiden.
Oft floh er, besserer familiärer Liebe und Pflege verlustig, weinend in die Berge und Wälder, um in der reizvollen Natur Ruhe und Frieden zu finden, von den Sagengestalten und Berggeistern, auch von verheißungsvoller Weite und Ferne sowie einem besseren Leben zu träumen. Oder er zog sich in eine auf dem Hausboden aus herrschaftlichen Möbeln (Erbgut seiner Mutter, das als Entschädigung vom letzten Eisenacher Herzog stammte, der durch nicht zurückgezahlte Anleihen ihren Großvater, den Eisenacher Kaufmann Kühn, in Ruin und Tod getrieben hatte) aufgebaute poetische Spielwelt zurück. Wenn die Mutter Verse ihres Vetters Friedrich Wilhelm deklamierte oder ältere Leute Rühler Sagen und Geschichten erzählten, hörte er freudig und aufmerksam zu. Schillers Werke, die er zufällig erlangen konnte, studierte er fleißig und begeistert und in seiner Spielwelt versuchte er sich schon in ersten Gedichten. Schillers Sohn Karl lernte er als Ruhlaer Forsteleven, Schillers Witwe und Tochter als Badegäste in Ruhla kennen.
Neidvoll sah er oft auf die Ruhlaer Kaufmanns- und Fabrikantenkinder und ihre Bildungsmöglichkeiten. All diese Erlebnisse und Situationen prägten den Knaben nachhaltig und waren mitbestimmend für seinen späteren Lebensweg als Schriftsteller.
Eine höhere Schulbildung war Ludwig Storch zunächst versagt. Noch nicht einmal 14-jährig musste er am 1. Januar 1817 in Erfurt eine
Kaufmannslehre antreten, aus der er nach 15 Monaten wegen dichterischer Nebenbeschäftigung (er hatte am Drama „Das Landhaus am See“ geschrieben, das im späteren Roman „Aus einer Bergstadt“ eine Rolle spielt) entlassen wurde. Eine zweite Lehre in einer Erfurter Materialwarenhandlung endete nach kurzer Zeit durch einen lebensgefährlichen Unfall (ein Essigfass hatte ihn überrollt und die Kellertreppe mit hinuntergerissen). Nun konnte er seinen Willen durchsetzen und das Gymnasium in Gotha besuchen, wo ihn die etwas ältere, hübsche Schuhhändlerstochter Ernestine Schramm in seiner materiellen Notlage unterstützte. Daraus entwickelte sich eine Liebesbeziehung, die nicht ohne Folgen blieb. Deswegen musste er 19-jährig das Gothaer Gymnasium verlassen, wechselte an das Nordhäuser über und bald schon zur Universität Göttingen zum Theologie- und Philosophiestudium, das ihn aber enttäuschte und er deswegen aufgab.
Es folgte ein Jahr der materiellen Not (1824), über das ihn Ruhlaer Bürger mit Anleihen hinweghalfen. Auch das nachfolgende Studium der Humaniora (Literatur und Altsprachen) und Pädagogik in Leipzig brach er ab, verdiente seinen und seiner Familie Lebensunterhalt – seit 1825 war er verheiratet und hatte nun zwei Söhne – zunächst mit Übersetzungen, Korrekturlesen und redaktioneller Tätigkeit und begann, nach nochmaliger kurzzeitiger Aufnahme des Studiums in Leipzig, nunmehr 23-jährig, seine Schriftstellerlaufbahn. Die ebenfalls erwogene Absicht, zusammen mit seiner hübschen Frau Schauspieler zu werden, gab er auf.
Fortan brachte er jährlich mindestens zwei Werke heraus, mit zum Teil mehrbändigen Romanen und zahlreichen Erzählungen, insgesamt über 50 Bücher, dazu Landschaftsbeschreibungen, Berichte über Persönlichkeiten, Kurzgeschichten, historische, volkskundliche und aktuelle Abhandlungen, Balladen, lyrische und politische Gedichte. Als national Denkender beteiligte er sich aktiv an der Thüringer Sängerbewegung des Vormärz und als Gesellschaftskritiker und Demokratieverfechter an der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 in Gotha.
Alle Vorhaben Ludwig Storchs, als Verlagsbuchhändler, Druckereibetreiber, Redakteur oder Herausgeber von Zeitungen tätig zu sein, scheiterten, weil ihn gewonnene Partner täuschten und betrogen, ihm notwendige Genehmigungen versagt blieben oder seine offene Art und fortschrittlich-demokratische Gesinnung missfielen. Die Herausgabe von thüringischen Volkszeitungen verhinderte die Zensur mehrmals. Wegen Äußerungen gegen die herrschende Oberschicht, dem Bankrott seiner Gothaer Verlagsanstalt, den Aktivitäten als 1848er und entsprechender Veröffentlichungen hatte er mit der Zeit in Gotha einen schweren Stand. Trotzdem verbrachte er mehr als 25 Jahre dort.
Zeitlebens hatte er keine berufliche Anstellung, somit kein anderes Einkommen und war auf das Schreiben und Verkaufen seiner Manuskripte bzw. meist knappe Honorare angewiesen. Der Bankrott der Verlagsanstalt hatte viele Notjahre zur Folge. Im Jahre 1852 verließ er Gotha und wohnte dann vierzehn Jahre nacheinander in vielen Orten Deutschlands, zum Teil in recht bescheidenen Verhältnissen. Einmal hielt er sich sogar einige Monate in Nordungarn auf. 1853 trug er sich mit dem Gedanken, nach Nordamerika auszuwandern und in Erfüllung eines Jugendtraumes noch Farmer zu werden, was ihm aber sein neuer Verleger Ernst Keil (Leipzig) und Alexander Ziegler ausredeten. Beide, sowie Zieglers Bruder unterstützten ihn finanziell. Sein Sohn Robert, der nach Amerika vorausgefahren war, kam bald krank zurück. In Ruhla machten Angehörige der Kaufmannsfamilie Dreyß, die er in seiner Romantrilogie „Aus einer Bergstadt“ wegen Ausbeutungspraktiken im Trucksystem angegriffen hatte, zusätzlich zur ablehnenden Gothaer Haltung noch Stimmung gegen ihn. Deswegen besuchte er seinen Heimatort längere Zeit nicht mehr.
Ludwig Storch war trotz seines labilen Gesundheitszustandes, seiner Schwerhörigkeit und der Schicksalsschläge – beide Söhne starben frühzeitig, Geld und Besitz gingen ihm mehrmals verloren – ein überaus fleißiger, bekannter, von vielen Menschen gern gelesener schöngeistiger Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Zeit seines Lebens ist er ein begeisterter Thüringer geblieben. Seine Thüringen-Texte, -Gedichte und –Lieder sind mehrfach erschienen, wurden auf den Sängertagen, Revolutions- und anderen Veranstaltungen wiederholt vorgetragen und begeistert aufgenommen. Im Besonderen ist er jedoch bis zu seinem Lebensende ein Rühler geblieben.
In Ruhla bzw. im Erbstromtal spielen die Storchs Romane und Erzählungen „Vörwerts Häns“, „Aus einer Bergstadt“, „Der Fliegenschneider“, „Müs-All“, „Die Rühler Lüter in Arnstadt“, „Der arme Schelm“. Abhandlungen hat er geschrieben über den Seebacher Dr. Dicel, über Vörwerts Häns, den Harfenbauer Johann Andreas Stumpff, über die Venetianer im Thüringer Wald, über den Rennsteig, über Liebenstein und Steinbach, über „Die Ruhl und die Rühler“, ein Wanderbuch für den Thüringer Wald u.a. gesellschaftliche und politische Verhältnisse, Sitten und Bräuche, Sagen, Besonderheiten und Liebhabereien der Ruhlaer. Hinweise zu Tracht und Mundart hat er überliefert. Seinem langjährigen Freund Ludwig Bechstein übermittelte er die Ruhlaer Sagen für dessen Sammlung. Zu Prof. Karl Regels Buch „Die Ruhlaer Mundart“ (Weimar 1868) hat er Wesentliches zugeliefert.
Auf Betreiben seines Freundes und Landsmannes Alexander Ziegler schrieb er die Ruhla-Lieder und ab 1863 die wertvollen Gedichte in Ruhlaer Mundart (zusammen veröffentlicht in „Poetischer Nachlass“, Eisenach 1882 und teilweise 2003!). Alexander Ziegler war es auch, der den alternden Dichter 1866 eine Pension der Schiller-Stiftung mit Wohnsitz in Kreuzwertheim am Main beschaffte. Dort heiratete er, nach dem Tod seiner ersten Frau Ernestine (1870), die immer in Gotha geblieben war, 1872 seine zweite Frau, die Kindergärtnerin, Mädchenturnlehrerin und Dichterin (Pseudonym „Elfriede con Coburg“) Bernhardine Fromman-Herold, die ihn, den zuletzt fast Tauben und äußerst Sehschwachen, bis zu seinem Lebensende umsorgte und pflegte.
Seinen Geburtsort Ruhla besuchte er nach längerer Zeit wieder 1863 (zur Einweihung des Stumpff-Denkmals, wo er Worte des Gedenkens und eigene Verse sprach), dann vier Jahre später (zur Einweihung des ersten Carl-Alexander-Turmes, wo er wieder eigene Gedichte vortrug) und letztmalig 1877, wo er sich mit den Ruhlaern wieder endgültig versöhnte.
In seinem Pensionshaus am Main in Kreuzwertheim ist Ludwig Storch am 5. Februar 1881 verstorben. Auf dem dortigen Friedhof befindet sich sein Grabmal, das von der Gemeinde seit 1927 erhalten und gepflegt wird. Am Wohn- und Sterbehaus gibt es eine Gedenktafel, wie auch im Ruhlaer Dichterhain.
Sein Vater, der Ruhlaer Arzt Johann Gottlieb Storch, nebenbei ein begeisterter und erfolgreicher Nelkenzüchter, war da schon 68 Jahre alt. Des Dichters Storch-Vorfahren, zum Teil aus Ruhla stammend, waren auch Ärzte und Schriftsteller in Gotha, Eisenach und Waltershausen gewesen. Ludwig Storchs Mutter, Henriette Johannette, zweite Ehefrau des Vaters und 35 Jahre jünger als dieser, war eine geborene Gotter und entstammte der gleichen Familie wie der zeitweilige Besitzer von Schloss Molsdorf und Minister Friedrichs II. von Preußen, Adolf Graf von Gotter und der Dichter Friedrich Wilhelm Gotter, Jugendfreund Goethes. Ihr Vater war der in Ruhla zur Unterstützung der Entwicklung des Tabakpfeifengewerbes eingesetzte herzogliche Manufakturkommissar Johann Friedrich Gotter.
Nach dem Tod des Vaters (1810) heiratete die Mutter 1812 den 14 Jahre jüngeren, weitgehend gefühls- und erfolglosen Tabakpfeifen-Beschläger Johann Georg Christian Schreiber, in dessen Werkstatt der junge Ludwig schon ab seinem neunten Lebensjahr tüchtig mitarbeiten musste. Auch im Kramhandel der Mutter hatte er zu helfen und u.a. wie ein Marketender Bier und Branntwein auf Rastplätzen und Tanzsälen zu verkaufen. Das Füttern und Betreuen des Viehs gehörten ebenfalls zu seinen Aufgaben. Nach der Völkerschlacht 1813/14 in Eisenach lagernde kranke Franzosen musste er wochenlang, von Ruhla aus zu Fuß unterwegs, mit Suppe versorgen. Unter zeitweiligen Anflügen von Geistesgestörtheit der Mutter hatte er zu leiden.
Oft floh er, besserer familiärer Liebe und Pflege verlustig, weinend in die Berge und Wälder, um in der reizvollen Natur Ruhe und Frieden zu finden, von den Sagengestalten und Berggeistern, auch von verheißungsvoller Weite und Ferne sowie einem besseren Leben zu träumen. Oder er zog sich in eine auf dem Hausboden aus herrschaftlichen Möbeln (Erbgut seiner Mutter, das als Entschädigung vom letzten Eisenacher Herzog stammte, der durch nicht zurückgezahlte Anleihen ihren Großvater, den Eisenacher Kaufmann Kühn, in Ruin und Tod getrieben hatte) aufgebaute poetische Spielwelt zurück. Wenn die Mutter Verse ihres Vetters Friedrich Wilhelm deklamierte oder ältere Leute Rühler Sagen und Geschichten erzählten, hörte er freudig und aufmerksam zu. Schillers Werke, die er zufällig erlangen konnte, studierte er fleißig und begeistert und in seiner Spielwelt versuchte er sich schon in ersten Gedichten. Schillers Sohn Karl lernte er als Ruhlaer Forsteleven, Schillers Witwe und Tochter als Badegäste in Ruhla kennen.
Neidvoll sah er oft auf die Ruhlaer Kaufmanns- und Fabrikantenkinder und ihre Bildungsmöglichkeiten. All diese Erlebnisse und Situationen prägten den Knaben nachhaltig und waren mitbestimmend für seinen späteren Lebensweg als Schriftsteller.
Eine höhere Schulbildung war Ludwig Storch zunächst versagt. Noch nicht einmal 14-jährig musste er am 1. Januar 1817 in Erfurt eine
Kaufmannslehre antreten, aus der er nach 15 Monaten wegen dichterischer Nebenbeschäftigung (er hatte am Drama „Das Landhaus am See“ geschrieben, das im späteren Roman „Aus einer Bergstadt“ eine Rolle spielt) entlassen wurde. Eine zweite Lehre in einer Erfurter Materialwarenhandlung endete nach kurzer Zeit durch einen lebensgefährlichen Unfall (ein Essigfass hatte ihn überrollt und die Kellertreppe mit hinuntergerissen). Nun konnte er seinen Willen durchsetzen und das Gymnasium in Gotha besuchen, wo ihn die etwas ältere, hübsche Schuhhändlerstochter Ernestine Schramm in seiner materiellen Notlage unterstützte. Daraus entwickelte sich eine Liebesbeziehung, die nicht ohne Folgen blieb. Deswegen musste er 19-jährig das Gothaer Gymnasium verlassen, wechselte an das Nordhäuser über und bald schon zur Universität Göttingen zum Theologie- und Philosophiestudium, das ihn aber enttäuschte und er deswegen aufgab.
Es folgte ein Jahr der materiellen Not (1824), über das ihn Ruhlaer Bürger mit Anleihen hinweghalfen. Auch das nachfolgende Studium der Humaniora (Literatur und Altsprachen) und Pädagogik in Leipzig brach er ab, verdiente seinen und seiner Familie Lebensunterhalt – seit 1825 war er verheiratet und hatte nun zwei Söhne – zunächst mit Übersetzungen, Korrekturlesen und redaktioneller Tätigkeit und begann, nach nochmaliger kurzzeitiger Aufnahme des Studiums in Leipzig, nunmehr 23-jährig, seine Schriftstellerlaufbahn. Die ebenfalls erwogene Absicht, zusammen mit seiner hübschen Frau Schauspieler zu werden, gab er auf.
Fortan brachte er jährlich mindestens zwei Werke heraus, mit zum Teil mehrbändigen Romanen und zahlreichen Erzählungen, insgesamt über 50 Bücher, dazu Landschaftsbeschreibungen, Berichte über Persönlichkeiten, Kurzgeschichten, historische, volkskundliche und aktuelle Abhandlungen, Balladen, lyrische und politische Gedichte. Als national Denkender beteiligte er sich aktiv an der Thüringer Sängerbewegung des Vormärz und als Gesellschaftskritiker und Demokratieverfechter an der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 in Gotha.
Alle Vorhaben Ludwig Storchs, als Verlagsbuchhändler, Druckereibetreiber, Redakteur oder Herausgeber von Zeitungen tätig zu sein, scheiterten, weil ihn gewonnene Partner täuschten und betrogen, ihm notwendige Genehmigungen versagt blieben oder seine offene Art und fortschrittlich-demokratische Gesinnung missfielen. Die Herausgabe von thüringischen Volkszeitungen verhinderte die Zensur mehrmals. Wegen Äußerungen gegen die herrschende Oberschicht, dem Bankrott seiner Gothaer Verlagsanstalt, den Aktivitäten als 1848er und entsprechender Veröffentlichungen hatte er mit der Zeit in Gotha einen schweren Stand. Trotzdem verbrachte er mehr als 25 Jahre dort.
Zeitlebens hatte er keine berufliche Anstellung, somit kein anderes Einkommen und war auf das Schreiben und Verkaufen seiner Manuskripte bzw. meist knappe Honorare angewiesen. Der Bankrott der Verlagsanstalt hatte viele Notjahre zur Folge. Im Jahre 1852 verließ er Gotha und wohnte dann vierzehn Jahre nacheinander in vielen Orten Deutschlands, zum Teil in recht bescheidenen Verhältnissen. Einmal hielt er sich sogar einige Monate in Nordungarn auf. 1853 trug er sich mit dem Gedanken, nach Nordamerika auszuwandern und in Erfüllung eines Jugendtraumes noch Farmer zu werden, was ihm aber sein neuer Verleger Ernst Keil (Leipzig) und Alexander Ziegler ausredeten. Beide, sowie Zieglers Bruder unterstützten ihn finanziell. Sein Sohn Robert, der nach Amerika vorausgefahren war, kam bald krank zurück. In Ruhla machten Angehörige der Kaufmannsfamilie Dreyß, die er in seiner Romantrilogie „Aus einer Bergstadt“ wegen Ausbeutungspraktiken im Trucksystem angegriffen hatte, zusätzlich zur ablehnenden Gothaer Haltung noch Stimmung gegen ihn. Deswegen besuchte er seinen Heimatort längere Zeit nicht mehr.
Ludwig Storch war trotz seines labilen Gesundheitszustandes, seiner Schwerhörigkeit und der Schicksalsschläge – beide Söhne starben frühzeitig, Geld und Besitz gingen ihm mehrmals verloren – ein überaus fleißiger, bekannter, von vielen Menschen gern gelesener schöngeistiger Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Zeit seines Lebens ist er ein begeisterter Thüringer geblieben. Seine Thüringen-Texte, -Gedichte und –Lieder sind mehrfach erschienen, wurden auf den Sängertagen, Revolutions- und anderen Veranstaltungen wiederholt vorgetragen und begeistert aufgenommen. Im Besonderen ist er jedoch bis zu seinem Lebensende ein Rühler geblieben.
In Ruhla bzw. im Erbstromtal spielen die Storchs Romane und Erzählungen „Vörwerts Häns“, „Aus einer Bergstadt“, „Der Fliegenschneider“, „Müs-All“, „Die Rühler Lüter in Arnstadt“, „Der arme Schelm“. Abhandlungen hat er geschrieben über den Seebacher Dr. Dicel, über Vörwerts Häns, den Harfenbauer Johann Andreas Stumpff, über die Venetianer im Thüringer Wald, über den Rennsteig, über Liebenstein und Steinbach, über „Die Ruhl und die Rühler“, ein Wanderbuch für den Thüringer Wald u.a. gesellschaftliche und politische Verhältnisse, Sitten und Bräuche, Sagen, Besonderheiten und Liebhabereien der Ruhlaer. Hinweise zu Tracht und Mundart hat er überliefert. Seinem langjährigen Freund Ludwig Bechstein übermittelte er die Ruhlaer Sagen für dessen Sammlung. Zu Prof. Karl Regels Buch „Die Ruhlaer Mundart“ (Weimar 1868) hat er Wesentliches zugeliefert.
Auf Betreiben seines Freundes und Landsmannes Alexander Ziegler schrieb er die Ruhla-Lieder und ab 1863 die wertvollen Gedichte in Ruhlaer Mundart (zusammen veröffentlicht in „Poetischer Nachlass“, Eisenach 1882 und teilweise 2003!). Alexander Ziegler war es auch, der den alternden Dichter 1866 eine Pension der Schiller-Stiftung mit Wohnsitz in Kreuzwertheim am Main beschaffte. Dort heiratete er, nach dem Tod seiner ersten Frau Ernestine (1870), die immer in Gotha geblieben war, 1872 seine zweite Frau, die Kindergärtnerin, Mädchenturnlehrerin und Dichterin (Pseudonym „Elfriede con Coburg“) Bernhardine Fromman-Herold, die ihn, den zuletzt fast Tauben und äußerst Sehschwachen, bis zu seinem Lebensende umsorgte und pflegte.
Seinen Geburtsort Ruhla besuchte er nach längerer Zeit wieder 1863 (zur Einweihung des Stumpff-Denkmals, wo er Worte des Gedenkens und eigene Verse sprach), dann vier Jahre später (zur Einweihung des ersten Carl-Alexander-Turmes, wo er wieder eigene Gedichte vortrug) und letztmalig 1877, wo er sich mit den Ruhlaern wieder endgültig versöhnte.
In seinem Pensionshaus am Main in Kreuzwertheim ist Ludwig Storch am 5. Februar 1881 verstorben. Auf dem dortigen Friedhof befindet sich sein Grabmal, das von der Gemeinde seit 1927 erhalten und gepflegt wird. Am Wohn- und Sterbehaus gibt es eine Gedenktafel, wie auch im Ruhlaer Dichterhain.